Lernende betreuen in herausfordernden Zeiten – Challenge für Berufsbildende

Bildungsmacher | berufsbildner.ch

Berufsbildnerinnen und Berufsbildner haben die wichtige Aufgabe, den Berufsnachwuchs zu fördern und zu fordern und junge Berufsleute für den Arbeitsmarkt auszubilden. Diese zentrale und wichtige Aufgabe für den Bildungs- und Wirtschaftsstandort Schweiz ist eine spannende, sinnstiftende und mitunter auch fordernde Aufgabe.

Die aktuelle Ausbildungssituation unter Covid-19 hat an Herausforderung und Dynamik für viele Berufsbildende stark zugenommen. In der aktuellen Situation mit positiver Einstellung und als Vorbild die Rolle mit Authentizität zu leben – keine einfache Aufgabe.

Klar, nicht alle Branchen sind gleichermassen betroffen vom Thema. Doch schon bereits im Berufswahlprozess benötigt es, unter den aktuellen Umständen, oftmals alternative Möglichkeiten und Lösungen. In der Baubranche wurde im Kanton Zürich die Action Tage aufgebaut. Eine tolle Möglichkeit, den Schülerinnen und Schülern einen Einblick in die Berufswelt zu geben.

Diese Lösungsfindung zieht sich vom Selektionsprozess bis zum Qualifikationsverfahren (vormals LAP = Lehrabschlussprüfung) durch.

Wir sagen: Toll!

Lernende in Trainings

Keine Frage, die Hotellerie und Gastronomie steht aktuell vor Herausforderungen bezüglich der Erreichung der Lernziele in der Ausbildung. Doch man erhält von aussen gesehen aktuell den Eindruck, diese Herausforderungen haben viel Dynamik, Kreativität, Erfindergeist angeregt. Neue Konzepte wurden und werden entwickelt, um den Lernenden die Lernchancen und die Erreichung der Lernziele zu ermöglichen. Aus diesem Grund hat der Kanton Zürich und die Zürcher Branchenverbände der Hotel- und Gastronomie das Projekt Gastro Porto entwickelt, mit dem Ziel, dass kein Lernender durch die Maschen fällt und bestens vorbereitet in die QV schreitet. 500 Lernenden im Kanton Zürich wird so die Chance gegeben, sich unter den aktuellen Umständen optimal auf die QV vorzubereiten.

Wir sagen: Chapeau!

Lernende im Betrieb

Ja, die Krise hat ihre Herausforderungen, doch sie bietet auch ihre Chancen. Dies zeigt ein aktuelles Beispiel aus dem Kanton Zürich, in welchem die Lernenden den Betrieb in einem Hotel übernommen haben. Das tolle daran: 35 Lernende betreuen die Gäste und sorgen für ihr Wohl. Dieses Angebot gilt es zu testen und so die Lernenden zu unterstützen auf ihrem Weg zu einer erfolgreichen QV und zum Start in eine perspektivenreiche berufliche Zukunft.

…und endlich wieder einmal die eigenen vier Wände zu verlassen und es sich gut gehen zu lassen.

Wir sagen: Begeisternd!

Lernende im Homeoffice

Aus der Erfahrung der letzten Monate kann die Betreuung von Lernenden auf Distanz eine Herausforderung darstellen. Doch auch auf Distanz: Lernende haben ihre Bedürfnisse nach Wertschätzung, Anerkennung, Akzeptanz, Respekt und benötigen, in dem was sie tun, einen Sinn. Lernende brauchen oft Unterstützung im Entwickeln von Strategien in ihrer neuen Situation. Die Situation der Lernenden sollen sich Berufsbildnerinnen und Berufsbildner immer wieder bewusst vor Augen halten. Oftmals zeigt der Ausschnitt im Videocall nur einen Teil der Wahrheit. Das Umfeld ausserhalb dieses Einblickes kann ein ganz anders sein. Achtsam in Veränderungen im Verhalten der Lernenden zu sein, heisst die Devise.

Als Berufsbildnerin und Berufsbildner lohnt es sich, Gedanken über positives Ausbilden zu machen. Hier einige unterstützende Gedanken dazu:

  • Zeitnehmen um im regelmässigen Kontakt zu sein;
  • Regelmässige Meetings mit Videotools planen;
  • Veränderungen im Verhalten und im Auftritt der Lernenden wahrnehmen;
  • Regelmässige, situative Feedbacks mit einer wertschätzenden Haltung geben;
  • Erreichbar für Fragen und Unvorhergesehenes sein;
  • Versprechen und Vereinbarungen einhalten, konsequent;
  • Gemeinsam mit den Lernenden Ziele oder Teilziele vereinbaren;
  • Sich für die Rahmenbedingungen im Homeoffice interessieren;
  • Die Lernenden auf Themen wie Ablenkung, Störungen, belastende Situationen, Abgrenzung ansprechen;
  • Zuhören und nachfragen, wenn sich Lernende öffnen;
  • Die Bewältigung der Situation nicht als gegeben und normal annehmen;
  • Grosszügig sein mit ernst gemeintem Lob für die Leistung, welche Lernende erbringen „Loben zieht nach oben!“

Lernende in herausfordernden Situationen begleiten

Die Medien haben uns in den letzten Tagen immer wieder aufschreckende Nachrichten über die Auswirkungen der Pandemie auf Jugendliche aufgezeigt. Nicht alle Jugendlichen stecken die Corona-Krise locker weg. Die Einschränkungen betreffen vor allem ihr soziales Leben stark. Jugendliche nehmen Veränderungen sensibler wahr als Erwachsene. Das gemeinsame, soziale „Hängen“ findet wenn, in kleinen Gruppe statt. Der Austausch, das Sozialisieren ausserhalb der digitalen Plattformen ist eine Herausforderung. Das Angebundensein an das eigene Zuhause stellt eine Herausforderung dar. In der wichtigen Phase der Ablösung vom Elternhaus können sie dem eigenen Umfeld fast nicht ausweichen. Deshalb ist es wichtig, Jugendliche offen und mit einer grossen Sensibilität über Veränderungen im Positiven und Negativen unmittelbar anzusprechen. „Do less sooner“ soll hier die Devise sein. Denn gerade in den Zeiten von Homeoffice kann ein sozialer Druck, oder eine psychisch belastende Situation im Umfeld die Leistung von Lernenden stark beeinflussen. Ansprechen ist herausfordernd, da im Schatten der Situation die „Gefahr“ lauert. Offenheit und Transparenz ist mitunter schwierig. Manchmal würden Lernende gerne ein Thema ansprechen, sind jedoch in einer „Gefahrensituation“, weil das Umfeld mithören kann. Auch wenn die Berufsbildenden versuchen, Veränderungen anzusprechen, kann es sein, dass sich die Lernenden kaum öffnen. Dann braucht es eine Schippe mehr Menschlichkeit. Alternative Möglichkeiten sollten dann geschaffen werden. Dies kann ein Spaziergang „talk and walk“ sein. Ausserhalb des gewohnten Rahmens, in einer neutralen Zone, besteht die Möglichkeit einen anderen Blick auf die Situation zu erhalten und so eine Situation zu besprechen. Dabei gilt es das Gespräch mit Wertschätzung zu starten und Freude auszudrücken über die Möglichkeit sich in diesem Rahmen zu treffen. Offen und wertfrei zuhören ist hier die Devise.

In dieser Situation gilt es Unterstützung zu geben wo Überforderung in der Situation vorhanden ist. Das Gegenüber ist über die Möglichkeit zu informieren, wo Hilfe erhalten werden kann. Wenn Lernende professionelle Hilfe benötigen, ist es die Chance, sie auf professionelle Angebote hinzuweisen. Oftmals kann ein Arztbesuch helfen für einen ersten Schritt. Hilfe ist in Situationen anzubieten, wo Lernende selbst nicht in der Lage sind, sich Hilfe zu holen. In diesen Fällen können sich Berufsbildende bereit erklären, die Lernenden zu einem Termin zu begleiten. Auch das erweiterte Umfeld der Lernenden bietet oftmals Personen, welche unterstützen können. Diese Unterstützung kann Stabilität und Begleitung sein in der herausfordernden Situation.

Solch ein Prozess ist zu begleiten und durch Verbindlichkeit und Empathie gemeinsame nächste Schritte zu wagen. Berufsbildner.ch bietet zusammen mit ENSA – Erste Hilfe für psychische Gesundheit, ein wichtiges Seminar für die Vertiefung im Thema an.

Unterstützung

Berufsbildnerinnen und Berufsbildner in diesen dynamischen Zeiten zu unterstützen, ist eine wichtige Aufgabe. Mit diesem Gedanken haben Fachleute aus der Wirtschaft, der Bildung und Forschung den Berufsbildner-Blog ins Leben gerufen. Aktuelle Themen, welche die Berufsbildenden beschäftigen, werden dort aufgenommen und dienen als Input und Horizonterweiterung für die tägliche Arbeit mit den Lernenden.

Fazit

Was Berufsbildende mit ihren Lernenden in diesen Zeiten leisten ist enorm und es gilt diesem Einsatz mit Wertschätzung und Anerkennung zu begegnen.

Ob in der Selektion, der Ausbildung im Training, der Ausbildung im Betrieb, oder der Ausbildung im Homeoffice: Jetzt ist die Zeit, neue Lösungen zu suchen und zu finden für den Berufsbildungsalltag.

Diese Beispiele zeigen: Suchen wir in jeder herausfordernden Situation auch die Chance zur Veränderung!

©ZKW Zürcher Konferenz für Weiterbildung – Auf Kopieren oder anderweitiges Vervielfältigen wird mit rechtlichen Schritten reagiert.

Autor

Name: Simon Hausammann

Beruf: Geschäftsleiter berufsbildner.ch AG

Website: berufsbildner.ch

Motto: „Aus der Vergangenheit lernend die Zukunft gestalten“

berufsbildner.ch
Simon Hausammann

Wir leben Berufsbildung! Seit vielen Jahren führen wir Berufsbildnerkurse, Seminare sowie den Diplomlehrgang (100-Stünder), den SVEB Praxisausbilder/in, den SVEB Kursleiter/in und den Lehrgang Berufsbildungsfachleute durch. Unsere Kursangebote geben auf aktuelle Berufsbildungsfragen Antworten und zeichnen sich durch ein qualitativ hohes Niveau aus. Um diesen Anspruch zu erfüllen, überprüfen wir unsere Angebote laufend und entwickeln die Lerninhalte kontinuierlich weiter.