Gemeinsam neue (digitale) Wege erkunden: Informelle Kommunikation in dezentralen Strukturen – das KL-Kafi

Bildungsmacher | Akrotea.ch

Während die formalisierte interne und externe Kommunikation seit jeher stark im Bewusstsein der Unternehmen ist, wurde der informellen Kommunikation lange Zeit weniger Bedeutung zugeschrieben. Teilweise wurde sie sogar als kontraproduktiv bezeichnet oder als Zeichen mangelnder formeller Strukturen im Unternehmen gesehen. In den letzten Jahren wird jedoch die informelle Kommunikation, also der «Flur-Funk», immer mehr als Erfolgsfaktor bezeichnet. Was ist informelle Kommunikation? Weshalb ist sie so wichtig und wie kann informelle Kommunikation in dezentralen und sich stark ändernden Strukturen entstehen? Corona hat diese Fragen verstärkt und gezeigt, dass sich Firmen aller Branchen gezielt damit auseinandersetzen müssen.

Was ist informelle Kommunikation und weshalb ist sie so wichtig?

Informelle Kommunikation ist die Kommunikation zwischen zwei oder mehreren Personen, die nicht in einem formalisierten Rahmen stattfindet. Sie ist synchron oder asynchron, digital oder Face-to-Face, verbal oder non-verbal; im beruflichen Umfeld also zum Beispiel das Gespräch nach einem Meeting, die Begegnung während der Kaffee-Pause, der Chat mit dem Kollegen. Diese Art der Kommunikation ist nicht nur auf der Beziehungsebene wichtig – die Atmosphäre in einem Unternehmen und das «Wir-Gefühl» hängen stark davon ab –, sondern auch auf der Sach- und Aufgabenebene. Sie hat also Einfluss auf Effizienz, Transparenz, Dialog, Motivation und Bindung.

Wie kann informelle Kommunikation entstehen?

Firmen können gezielt Rahmenbedingungen schaffen, um dem Bedürfnis nach informeller Kommunikation Rechnung zu tragen. Als besonders geeignet werden in den Fachmedien Begegnungsräume genannt. Es stellt sich jedoch die Frage, was zu tun ist, wenn die Mitarbeitenden dezentral arbeiten oder wie in der Coronazeit im Homeoffice und sie sich nicht «spontan» in der Teeküche oder in der Mensa treffen können.

Bildungsinstitutionen wie die Akrotea.ch arbeiten nicht erst seit Corona dezentral. Die Akrotea.ch GmbH, die Deutsch- und Grundkompetenz-Kurse in vielen Gemeinden im Zürcher Ober- und Unterland anbietet, hat sich schon früh mit der Frage befasst, wie Kommunikation – formell wie informell – in dezentralen und sich stark ändernden Strukturen funktionieren kann. Die Herausforderungen sind vielschichtig. Es ändern sich nicht nur dreimal pro Jahr die Klassen, die Einsatzorte oder die Lektionen der Kursleitenden, es stossen auch immer wieder neue Kursleitende dazu. Ausserdem sind die meisten Mitarbeitenden in Teilzeitpensen angestellt. Das Bedürfnis der Kursleitenden nach regelmässiger Information und Erfahrungsaustausch mit den Kolleginnen und Kollegen ist unter diesen Umständen sehr hoch.

Nebst den formellen, regelmässigen Treffen, die immer auch einen ausgedehnten informellen Teil beinhalten, hat sich die Akrotea.ch dazu entschlossen, digitale Medien zu nutzen. Die Vernetzung durch Computer und Handys bietet neue Möglichkeiten, die den persönlichen Austausch fördern.

So beschreibt Vanessa von Thenen Menna Barreto (Dissertation, 2011, S. 68ff) den Nutzen digitaler Medien für die informelle Kommunikation wie folgt:

«Die differenzierten Medien werden heute intensiv in Organisationen eingesetzt. Allerdings unterstützen sie nicht allein die formelle Kommunikation, sondern können auch zur informellen beitragen. So können sich Arbeitsgruppen nicht nur real, sondern auch virtuell treffen. Virtuelle Arbeitsgemeinschaften ermöglichen neue Formen des menschlichen Interagierens und bieten so weitere Gelegenheiten für informelle Gespräche. (…) Ein besonders wichtiger Bereich ist dabei die audiovisuelle Kommunikation. Es ist bekannt, dass visuelle Hinweise über den Gesprächspartner ein wichtiger Aspekt für eine erfolgreiche Kommunikation sind. Anhand non-verbaler kommunikativer Elemente kann beispielsweise die Kommunikationsbereitschaft des Kollegen oder seine Situation besser eingeschätzt werden. Herkömmliche Medien wie Brief, Telefon, Telefax oder E-Mail eignen sich daher weniger gut zur Unterstützung informeller Inhalte als der persönliche Kontakt. Daher werden immer häufiger Formen der Telekommunikation im Arbeitsalltag genutzt, die eine von den Gesprächspartnern gemeinsame Sphäre simulieren soll. Die fehlende und oft nicht mögliche „Kopräsenz“ wird durch eine „Telepräsenz“ ersetzt (s. Skype u.ä.).»

KL-Kafis und WhatsApp-Chats

Die Akrotea.ch hat diesen von von Thenen Menna Barretto erläuterten Ansatz genutzt und (unter anderem) folgende zwei Kanäle implementiert: KL (Kursleitenden)-Kafis via Zoom und einen WhatsApp-Chat. Der Entscheid wurde zusammen mit den Kursleitenden gefällt: Im Rahmen eines Roundtables mit allen Mitarbeitenden wurde auf die Problematik des fehlenden Face-to-Face-Austausches hingewiesen. Aus den Gesprächen ging klar hervor, dass sich eine Mehrheit wünschte, sich mehr mit den Kolleginnen und Kollegen informell auszutauschen. Gemeinsam wurden Ideen gesammelt und aus den Vorschlägen zwei gewählt. Wesentlicher Aspekt war die Freiwilligkeit, denn nicht alle haben dieselben Bedürfnisse. Zudem galt es einen Mittelweg zwischen «zu viel» und «zu wenig» zu finden.

Während die WhatsApp-Gruppe ungesteuert funktionieren kann und den Kursleitenden jederzeit zur Verfügung steht, werden die KL-Kafis vier bis sechsmal jährlich durch eine Kursleitende organisiert. Durch Umfragen werden pro Jahr die geeigneten Zeitfenster festgelegt und der Link zum Zoom-Meeting wird allen verschickt. Wer Zeit und Lust hat, schaltet sich zu. Die Treffen folgen keinem «Drehbuch» und haben kein festgelegtes Thema.

Das Kaffee-und-Kuchen-Feeling wurde beispielsweise von einer Teilnehmenden durch ein schönes Foto von einer leckeren Torte symbolisiert; die meisten hatten farbige Kaffeetassen bei sich, die auch mal Gesprächsthema waren. Andere Male wurden Geburtstagswünsche ausgetauscht, es wurde von den Ferien geschwärmt oder über die Familie berichtet. Wesentlich war auch der Austausch zu beruflichen Themen. Tipps wurden ausgetauscht, neue Websiten präsentiert, auch mal Frust formuliert oder Probleme angesprochen. Es wurde viel gelacht und ernst diskutiert – so wie im “realen” Leben, z.B. beim «Flur-Funk» eben auch. Somit fand ein echter Austausch aus, der – wie oben beschrieben – Effizienz, Transparenz, Dialog, Motivation und Bindung gestärkt hat.

Diese Form hat sich bewährt: Eine kürzlich durchgeführte Umfrage hat ergeben, dass die Kursleitenden – auch jene, die nur sporadisch teilnehmen – die Zoom-Meetings sehr schätzen und auch weiterhin beibehalten wollen. Betont wird jedoch: Nicht als Ersatz von «echten Treffen», sondern als gute und sinnvolle Ergänzung.

©ZKW Zürcher Konferenz für Weiterbildung – Auf Kopieren oder anderweitiges Vervielfältigen wird mit rechtlichen Schritten reagiert.

Autorin

Name: Sabrina Di Bella

Beruf: Bereichsleiterin IKT, Sprachkursleiterin Integration in der Akrotea.ch GmbH

Website: akrotea.ch

Motto: „Wer gut plant, improvisiert besser.“

Ausbildner in: DaF, Blended Learning

Akrotea
Sabrina Di Bella

Akrotea.ch GmbH ist eine Bildungsorganisation, die seit über 20 Jahren in der Erwachsenenbildung tätig ist. Wir führen entweder selbst entwickelte Kurse durch oder unterstützen andere Bildungsorganisationen in deren Prozessen und Entwicklungen. Akrotea bietet Deutsch- und Alphabetisierungskurse für fremdsprachige Immigranten an.